Post by B***@gmx.dewarum wird ein Schiff, welches schlank und haushoch ist mit wenig
Tiefgang bei starkem seitlichen Wind nicht einfach umgeworfen?
Oh, ein wirklich rankes, also topplastiges Schiff wird umgeworfen, das
kam leider schon oft genug vor.
Post by B***@gmx.deUnter http://www.qm2-uk.com sieht man die neue Queen Mary 2 von vorne.
(Sehr beeindruckenden Schiff.) Wenn die Brücke 40m über Wasser ist
und das Schiff nur 10m Tiefgang hat, wo ist denn dann der Schwerpunkt?
Wenn das Schiff so schmal ist, wie es aussieht, was hindert es denn
dann eigentlich am Umfallen?
Kriterium, damit ein Schiff nicht kentert, ist dass der Schwerpunkt des
Schiffes immer unter dem sogenannten Metazentrum, das ist der
Schnittpunkt der Schiffsmittellinie mit der Vertikalen durch den
Flächenschwerpunkt des im Wasser befindlichen Schiffsteils, liegen muss
<http://www.physikon.com/physikon.cgi?gebiet=1&kapitel=10&seite=03>.
Diese Bedingung kann auf 2 Arten erreicht werden:
1. Das Schiff hat einen ausreichend tief im Wasser liegenden Schwerpunkt.
2. Der Rumpfquerschnitt ist so gestaltet, dass beim Krängen ("Kippen")
der Verdrängungsschwerpunkt stark seitlich auswandert und damit das
Metazentrum sozusagen hochklettert.
In der Regel werden beide Methoden kombiniert, mit unterschiedlicher
Ausprägung. Schwergewicht auf Methode 1 ist typisch für Segelschiffe und
andere Schiffe, die ohne zu schlingern oder abzutreiben auch starken
seitlichen Überwasserkräften (in der Regel Wind) standhalten oder auch
bei Seegang ruhig liegen sollen (vorteilhaft für Passagiere, Arbeits-
und Waffeneinsatz). Methode 2 liefert von Haus aus eine große
Kentersicherheit, erfordert aber sehr breite Schiffskörper oder
Mehrrumpfbauweise und hat den Nachteil, dass sich der Seegang sofort auf
den Schiffskörper überträgt - sie ist daher typisch für Pontons,
Leichter, Kranschiffe, Binnen- und Flachwasserschiffe, Rettungsschiffe usw.
Die tiefe Schwerpunktlage wurde bei Segelschiffen und manchmal heute
noch in bestimmten Fällen durch Einbau großer Mengen Ballast (früher
Steine, heute oft Gusseisenbrammen) im Kielraum erreicht.
Maschinengetriebene Schiffe haben ja die schweren Maschinenanlagen im
Unterwasserschiff, und die ebenfalls schweren Treibstoff- und
Wassertanks im Doppelboden und evtl. Bunkern neben der Maschine. Daher
liegt ihr Schwerpunkt deutlich tiefer als dies optisch aussieht.
Außerdem werden die Aufbauten deutlich leichter gebaut als der Rumpf,
sowohl durch dünnere Bemessung (Aufbauten müssen keine Längskräfte und
geringeren Wellenschlag aushalten) als auch evtl. durch Verwendung von
Leichtmetall. Gerade bei Passagierschiffen ist in den Aufbauten ja viel
Luft anstatt schwerer Ladung oder Ausrüstung.
Einige Schiffstypen haben aber in der Tat prinzipbedingt
Stabilitätsprobleme. Unbeladene Frachter würden nicht tief genug
eintauchen um bei Seegang stabil zu liegen, sie müssen daher zur
Sicherstellung einer ausreichenden Stabilität Ballast nehmen, in der
Regel durch Beladen mit Sand oder durch Fluten speziell eingebauter
Ballastanks - man sagt dann sie fahren "in Ballast". Kriegsschiffe und
einige Spezialschiffe haben schwere Ausrüstungsteile zum Teil recht hoch
über Wasser, während sie zum Erreichen einer großen Geschwindigkeit und
einer guten Revierbrauchbarkeit schmal und wenig tief gehend gebaut sein
sollen und zur Kosten- und Größenbegrenzung nicht mit Ballast gearbeitet
werden kann. Dies sind dann die fast automatischen Kandidaten für
notorisch schlechte Seeeigenschaften.
Joachim